Wie die Geschichte ausgeht, weiß zum Glück keiner. Ob etwa in 30 Jahren - das ist die gefühlt kurze Ewigkeit, die uns 2019 vom Mauerfall trennt - ein hiesiger Globalbürger das vorliegende Buch aus dem Giftschrank ziehen und mit wohligem Schaudern ausrufen wird: „Bei Allah! diese Chronik eines angekündigten Volkstodes hätte, wäre sie damals nicht öffentlich verbrannt worden, die kollektive Soumission unter die Scharia-Regeln fast noch zu verhindern gewußt!“ Oder ob dann das Buch, wie alle Acta-Diurna-Bände Michael Klonovskys, an deutschen (oder jedenfalls sächsischen) Gymnasien als Widerstands-Lektüre erster Wahl, als kanonische Erbauungsliteratur, die die Kids immer noch mitreißt, einen Standard-Abiturstoff abgibt. Und es ist deshalb gut, das Ende der Geschichte nicht zu kennen, weil die Lektüre uns Heutige noch etwas kostet, nämlich authentische, nicht konsensuell-formelhafte Gefühle. Weil wir von den Unsäglichkeiten aus unserem Lande, die Klonovsky auf seine ureigene spöttisch-zupackende Weise kommentiert, betroffen sind, weil wir bangen, hoffen, schwarz oder rot sehen, lachen müssen, skeptisch oder fuchsteufelswild werden. Diese wirkliche Diversität der Gefühle ist es, die wir allen „Goldstück“-Propagandisten à la Martin Schulz voraus haben. An diese wird sich in 30 Jahren keiner mehr erinnern, wir uns an die Acta-Lektüre sehr wohl.
Michael Klonovsky, geboren und abgenabelt anno 1962 zu Schlema im Erzgebirge, verbrachte die Zeit bis zum Mauerfall ohne die Spur einer Karriere in Ostberlin. 1990 wurde er eher zufällig Journalist. Von 1992 bis 2016 arbeitete er für Focus in München, die meiste Zeit als Textchef, zuletzt als Leiter des „Debattenressorts“. Seit 2016 publiziert er uneingehegt; daneben ist er als politischer Berater für verschiedene Abgeordnete der einzigen verbliebenen Oppositionspartei im Deutschen Bundestag tätig. Neben seinem online-Tagebuch Acta diurna schreibt...
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